W A H L P R Ü F S T E I N E

W A H L P R Ü F S T E I N E

für die Landtagswahl am 8. Oktober

10 Fragen wollen wir den Kandidatinnen und Kandidaten der großen demokratischen Parteien, die sich um einen Sitz im Hessischen Landtag bewerben, vorlegen.

Damit hoffen wir, die Anliegen von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen ins Gespräch zu bringen und so auch die Forderungen für sie gleich in der neuen Regierung und bei den Koalitionsverhandlungen präsent zu haben.

Unsere Wahlprüfsteine für die Landtagswahl am 8.Oktober 2023

1.      Inklusion in der Bildung

Die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Hörschädigung ist noch immer nicht selbstverständlich. Viele Bedingungen für uneingeschränkte Teilhabe sind noch nicht erfüllt – zum Beispiel die gute akustische Ausstattung aller Schulräume und die pädagogische Begleitung von Schüler:innen und Lehrkräften.

Hessen hat im Jahr 2012 einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK in Hessen veröffentlicht. Planen Sie nach mehr als 10 Jahren nun die notwendige Neuauflage?  

Wie werden Sie die kommunikative Barrierefreiheit auch in weiteren öffentlichen Bildungseinrichtungen ausbauen? 

2.      Gebärdensprache in die Schulen bringen

Eine wesentliche Voraussetzung für die kommunikative Barrierefreiheit hörgeschä-digter Menschen ist die Nutzung der Deutschen Gebärdensprache, auch deshalb hat die Kultusministerkonferenz 2021 empfohlen, sie als Unterrichtsfach zu etablieren und sie so stärker ins Bewusstsein zu bringen.

Wie gedenken Sie, Teilhabe und Inklusion für Menschen mit Hörbehinderung und Taubheit in Schulen zu verbessern? 

Beabsichtigen Sie, die DGS als Fach in die Lehrpläne der Schulen (allgemeine Schulen und Förderschulen) einzuführen?   

3. Hessenweite uneingeschränkte Hör-Frühförderung

Die sensible Begleitung von Familien mit hörgeschädigten Kindern und eine spezifische Frühförderung sichern ein unbelastetes Aufwachsen in der Familie und die alters-gerechte sprachliche und kognitive Entwicklung und damit echte Chancengleichheit. 

Welche Maßnahmen wird Ihre Partei ergreifen, um gleiche Bildungschancen sicherzustellen, die durch die sogenannte Einsparung bei der Frühförderung verwehrt werden?

Besonders gefährdet ist die Infrastruktur der „Wechselgruppen“ – werden Sie sich für deren Erhalt und damit die gleichberechtigte Förderung aller Kinder mit Hör-schädigungen einsetzen? 

4. Universitäre DGS-Dolmetscherausbildung

Der Mangel an Dolmetscher:innen für Gebärdensprache ist hessenweit eklatant – sie fehlen für Arztbesuche genauso wie für Elternabende an Schulen oder Unterstützung bei Behördengängen.

Welche Möglichkeiten wollen Sie unterstützen, um den akuten DGS-Dolmetscher:innen-Mangel zu bekämpfen? 

Beabsichtigen Sie beispielsweise, die Ausbildungsmöglichkeiten für DGS-Dolmet-scher:innen zu erweitern und einen universitären Studiengang einzuführen?

5. Bezahlung und Ausweitung der Arbeitsassistenz und Kommunikationsassistenz

Für viele Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung ist die Unterstützung durch Arbeits- bzw. Kommunikationsassistenz notwendig, um die berufliche Integration zu sichern. Nicht zuletzt aufgrund der schlechten Bezahlung gibt es viel zu wenige Menschen in diesem Aufgabenfeld.

Was wollen Sie tun, um Arbeitsassistenz und Kommunikationsassistenz zu fördern und den Beruf finanziell interessanter zu gestalten?

6.      Finanzielle und strukturelle Stärkung der Selbstvertretung und Selbsthilfe

Selbsthilfe und Selbstvertretung ist ein Recht aller Menschen – doch ungleich schwieriger umzusetzen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Hörbehinderte Menschen brauchen technische Hilfen oder Dolmetscher, die sie oft nur aufwändig einholen können, auch deshalb, weil diese Arbeit ehrenamtlich geschieht. Strukturelle Hilfen sind nötig.

Werden Sie sich in diesem Sinne für die Einführung eines Partizipationsfonds in Hessen einsetzen?

7.      „Ohrenstark“ – Empowerment-Angebote für Schüler:innen mit Hörbehinderung

Für Schüler:innen in der inklusiven Beschulung ist die Identitätsentwicklung in einer überwiegend hörenden Umwelt nicht einfach – daher gibt es Angebote wie das Projekt „Ohrenstark“. Gleichbetroffenene junge Menschen („Peers“) vermitteln Erfahrungen, üben Kommunikationstechniken ein, zeigen den Nutzen hörtechnischer Hilfen auf und stärken so das Selbstbewusstsein mit Hörschädigung 

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Angebote wie das Ohrenstark-Projekt dauerhaft finanziert werden?

8.      Visuelle Informationssysteme

Akustische Informationen oder Alarmtöne sind die Regelausstattungen an Flughäfen, an Bahnhöfen und öffentlichen Gebäuden. Damit können Menschen mit Hörschädigungen nicht erreicht werden – ebensowenig werden Menschen mit Sehbeeinträchtigungen durch rein visuelle Informationen erreicht.

Werden Sie sich dafür einsetzen, das „Zwei-Sinne-Prinzip“ durch visuelle Informationssysteme an öffentlichen Orten auszubauen?

9.      Barrierefreie öffentliche Gebäude

Bei der Ausstattung von öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Verwaltungs-gebäuden besteht deutlicher Nachholbedarf. Die Sollwerte für die Nachhallzeit gemäß DIN 18041 werden längst nicht überall eingehalten. Nicht nur für Menschen mit Hörbehinderung ist dies nötig – außerdem profitieren alle, besonders ältere Menschen, die dann besser verstehen.

Werden Sie dafür sorgen, dass bei neuen und bestehenden öffentlichen Gebäuden die DIN 18042 Norm eingehalten wird? Werden Sie bei neuen Gebäuden die raumakustische Beratung durch Fachfirmen verpflichtend machen?

10.    Arbeitsagentur und Jobcenter aufklären

Jobcenter und Arbeitsagenturen sind wegweisend für die berufliche Orientierung. Die oft sehr speziellen Bedürfnisse hörgeschädigter Berufsanfänger, die schon in Bera-tungssituationen nicht immer entsprechend bedient werden können, ermöglichen so keine Chancengleichheit beim Einstieg in den Arbeitsmarkt.

Welche Initiativen werden Sie ergreifen, um Arbeitsagenturen und Jobcenter besser über Hör- und Kommunikationsbehinderungen aufzuklären und den Arbeitsmarkt inklusiver zu gestalten?

Urheberhinweis: Fragezeichen icon by Icons8